Der Entwicklungsauftrag W116 erging im Herbst 1966 an die Ingenieure, das Ziel war klar umrissen: Die neue S-Klasse musste größer, repräsentativer, komfortabler, fortschrittlicher, sicherer, kurz: rundum besser als die damals noch frische alte S-Klasse W108 sein. Hilfe bekamen die Ingenieure erstmals vom Computer, dem Mercedes-Rechensystem ESEM. Auftrag ausgeführt: Der neue große Wagen aus Stuttgart galt vom Start 1972 an schlicht als das beste Auto der Welt. Was heute noch zu spüren ist. Derr 280 SE liegt so satt auf der Straße, dass man sich fragt was in den letzten 40 Jahren groß passierte. Der Reihensechser M110 mit zwei obenliegenden Nockenwellen – erstmals im Strichachter eingesetzt – passt in die gediegene S-Klasse wunderbar. IM unteren Drehzahlbereich ist das Triebwerk sehr Laufruhig und beißt ab 4500 U/min dann herzhaft zu. Hier wird der Motor wach, treibt die schwere Fuhre standesgemäß voran und macht akustisch Appetit auf mehr: Er wechselt von dumpfem Brabbeln zu metallischem Kreischen. Die schaltfaule Vierstufenautomatik bremste den Tatendrang des M110 spürbar ein aber mit dem Schaltgetriebe kamen gar sportliche Gene in das Flaggschiff. Vorne Breitbandscheinwerfer – Modell Flutlichtanlage – und ein markantes Heck mit Riffelleuchten waren die Markenzeichen derS-Klasse.

In der 8-jährigen Bauzeit entstanden über 470000 Fahrzeuge. Dennoch viele sind heute nicht mehr übriggeblieben. Als die Gebrauchtwagenpreise gegen Ende der achtziger Jahre auf dem Niveau eines Opel Kadett Jährlings anlangten, stellten sich Deutschlands Bastelkönige die Limousine mit Stern auf den Hof. Bei AMG, BBS und Lorinser bestellten sie alles, was ihren Mercer breiter, tiefer und schneller machen sollte. Tatsächlich gelang den Sprühdosenlackierern so, aus einem eleganten Fahrzeug einen prolligen Plastikbomber zu kleben. Tuning nannten sie diesen Frevel. Hätte man ihnen doch bloß mehr Modellbausätze gereicht.

Doch das Tal der Tränen durchschritten die 116er in den Neunziger. Auch wenn die meisten S-Klassen dort nicht mehr herauskamen. Diejenigen aber, die von den Malträtierungen und Schweissorgien verschont blieben, haben sich zu beliebten Klassiker etabliert und sind längst in Liebhaberhänden. Die kraftvolle Silhouette mit den mächtigen Stoßstangen, massiven Türen, drei chromumfasste Rundinstrumente im Cockpit, ein großes Lenkrad, der unkaputtbare Doppelnocker unter der Haube und eine rundherum vorbildliche Verarbeitung setzen hohe Qualitätsmaßstäbe im Oldtimersegment, wenn der Rost sie nicht alle niedergestreckt hätte!

Originalzustand als größtes Glück